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Mini oder Mi-nie?


Es gibt Dinge, die gibt es nicht. Oder doch? In der deutschen Handballlandschaft gibt es für U13 und U11 Mannschaften keine Meisterschaften. Das ist seit Jahren Bestandteil der Rahmentrainingskonzeption und der „Ausbildungs-Philosophie“ in Deutschland. Es gibt in den allermeisten Landesverbänden noch nicht einmal eine Spielwertung im Sinne einer Tabelle und damit Bestenliste in der U11. Was es aber gibt, ist ein Plan namens „Mini-WM“.


Die Mini-WM ist irreführend betitelt, denn es geht nicht um „Minis“, also alles unter der U11, sondern um U11, also E-Jugendteams. Diese sollen, so die Idee aus der DHB-Zentrale in Dortmund, eine „Weltmeisterschaft“ analog dem Spielplan der U21-Weltmeisterschaft, die 2023 in Deutschland stattfindet, nachspielen.


Wie so oft bei solch bunten Präsentationen ist einiges heller, als es scheint. Schon bei den Zielsetzungen, die das Konzept verfolgt, stutzt der geneigte Leser. Es gehe um „Mitgliedergewinnung“, so das erste Ziel: „Unsere wichtigste Zielgruppe zur Gewinnung neuer Mitglieder sind Kinder (Kernzielgruppe 5 – 12 Jahre)“. Wie das gelingen soll, wenn in einer Meisterschaft bestehende E-Jugenden angesprochen werden, ist, nun ja, etwas seltsam. Erst recht, wenn der Beobachter voraussetzen kann, dass nur gefestigte Teams aus stabilen Vereinen mit recht hoher Mannschaftsstärke, numerisch und qualitativ, melden werden und nicht die Truppen, die jedes Wochenende bibbern, ob es denn auch reicht, zum Spiel sieben gegen sieben.


Dass es dann noch Floskeln gibt wie „Aufmerksamkeit, Nutzung der kommunikativen Potentiale der U21-WM, um Handball attraktiver zu machen.“, sei den Autoren verziehen, dieses Marketing Neusprech ist wohl nicht mehr aus Deutschlands kommunikativem Austausch wegzubekommen. Befremdlich hingegen ist es, wenn übergeordnet von „Aktivierung“ gesprochen wird. Wer soll da für was aktiviert werden? Eltern, die ihre Kinder einmal mehr durch die Lande kutschen? Die Trainer im Verein? Die Funktionäre, Spielplangestalter, Hallenplaner oder Schiedsrichter, die bei der „Mini-WM“ aktiv und eingespannt sind? Aktiviert für die E-Jugend oder für die U21 WM?


Ärgerlich auch, dass im Konzept nicht ersichtlich ist, wie diese Zielsetzungen denn erreicht werden sollen oder wie sie bewertet und evaluiert werden: Wie viele Kinder gibt es danach „neu“, wie sehr sind alte Kämpen im Verein „gebunden“ worden, wieviel und welchen Gewinn hat der Breitensport-/ Basis-Verein in der Rekrutierung von Kindern?


Lustig ist auch, wenn von einem „einheitlichen Regelkatalog“ in der „Mini-WM“ gesprochen wird. Den gibt es im föderalen Handball-Deutschland ganz und gar nicht. Ballgröße 0, oder 1, abgehängtes Tor oder nicht, Multiplikator oder gar keine Ergebnisse, 2x3:3 oder 6:6, prellen, tippen oder was auch sonst noch - alles im Topf der deutschen Kinderhandballstruktur. Umso lustiger, wenn dann - etwas beschwichtigend - im „Mini-WM“-Konzept folgendes steht: „Es wird nach den jeweiligen Spielregeln der Landesverbände in der E-Jugend gespielt“. Und die folgenden Regeln ganz und gar nicht abdecken, was an Diversität in der U11 in Deutschland agiert. Unkenntnis? Ignoranz? Nicht wichtig?


Nicht wichtig ist offenbar auch etwas ganz anderes. Eine Meisterschaft in der U11? Gibt es nicht. Das ist sinnvoll - vielleicht nicht so sinnvoll ist es, Spielergebnisse mit wüsten Multiplikatoren zu versehen, um Viert- oder gar Fünftklässler über das „echte“ Spielergebnis hinwegzutäuschen. Meisterschaft oder „Mini-WM“ aber, das heißt: Gewinnen, punkten, weiterkommen, Titel gewinnen. Und das steht diametral zum zentralen Anliegen im Kinderhandball: Ausbilden, alle und jedes Kind, um viele zu gewinnen (genau!) und alle zu binden (genau!). Eine Meisterschaft in der E-Jugend, auch, wenn sie „Mini-WM“ heißt und eigentlich nur ein Marketing-Gag ist, ist konträr zum Ziel der Arbeit in der E-Jugend.


Foto: No-longer-here from Pixabay

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